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Deine kleine Farm – auf dem Fensterbrett

Abends durch den Gemüsegarten schlendern, hier eine duftende Tomate pflücken, dort einen knackigen Salat ernten. Eine vorwitzige Gurke lugt durch Blattwerk und landet auch im schön geflochtenen Erntekorb…. Eine solch romantische Vorstellung vom eigenen Garten ist für die meisten Städter unter uns Illusion. Realistischer sind ein paar Meter Fensterbrett und wenn’s hoch kommt einige Ecken Balkon ist alles, was uns zum Urban Gardening zur Verfügung steht. Doch nun die gute Nachricht: das reicht zum Eigenanbau für den abendlichen Salat.

Kräuter gehen natürlich immer, aber mein Tipp: suche dir Pflanzen aus, die einen relativ hohen Ertrag auf kleiner Fläche haben und die du regelmäßig verwendest. Da macht im Zweifel nicht jedes Küchenkraut Sinn. Stattdessen empfehle ich verschiedene Blattsalate. Die kannst du einfach in einen langen Blumenkasten pflanzen auf dem Fensterbrett. Und abends für deinen Salat regelmäßig ein paar Blätter pflücken.

Wichtig dabei, nicht den ganzen Salatkopf zu ernten. Das sind wir zwar aus dem Supermarkt gewohnt, aber die Pflanze wächst ganz super weiter, wenn du einfach die äußeren größeren Blätter abknipst. Und wächst und wächst… Je nach Temperatur kannst du dich so sechs bis acht Wochen lang über Salat aus Eigenanbau freuen. Schmeckt gleich viel besser als gekauft. Und das hat nicht nur psychologische Gründe („hab ich ganz alleine…“), sondern auf dem kurzen Weg vom Fensterbrett in die Salatschüssel bleibt der geballte Geschmack einfach erhalten.

Du hast mehr Platz auf dem Fensterbrett? Radieschen sind auch eine feine Sache: pro Blumenkasten kannst du zwei Reihen Radieschen aussähen, mit einem Abstand von ca. sechs Zentimetern. Nach nur 30 Tagen sind sie fertig. Ich ernte gerne ein-zwei Radieschen für die jeweilige Mahlzeit und sähe im selben Moment schon wieder das Saatgut für die nächste Runde. Denn ich kann von den knackig scharfen Knollen nicht genug kriegen. Und dabei nicht vergessen: die Radieschenblätter sind lecker essbar!

Cooles Gemüse für Chicagos Restaurants

Gemeinschaftsgärten auf verlassenen Grundstücken, Blumenkübel voller Tomaten auf Dächern und selbst die Metro Cash & Carry hat in ihrer Filiale in Berlin jetzt ein high-tech Gewächshaus: Warum in die Ferne schweifen, wenn man in der Stadt doch auch Gemüse anbauen kann?

In den USA ist „Urban Gardening“ schon weit verbreitet. Eine der Pioniere in Chicago ist Sara Gasbarra. Mit ihrer Firma Verdura entwirft und pflegt sie kulinarische Gärten für Restaurants und Hotels der Metropole am Lake Michigan.

LEE: Sara, es klingt, als ob unser Interesse an Essen einen ähnlichen Ursprung hat. Für mich war es die Erfahrung, für fünf Jahre in Italien zu leben und zu arbeiten. Dein Vater war Italiener und hat dich mit der Liebe zum Gärtnern infiziert?

SARA: Ich bin in einem Vorort aufgewachsen, in dem es unüblich war, einen Garten zu haben. Aber im Garten meiner Familie bauten wir alles an, was mein Vater oft beim Kochen verwendet hat:  Tomaten, Basilikum, Gurken, Paprika, Auberginen. Als ich in der High School war, bekam ich ein Martha Stewart Living Magazin in die Hände. Das hatte immer wirklich tolle Features rund um den Gemüsegarten. So entdeckte ich Blumenkohl, ungewöhnliche Melonen und seltene Kürbisse und fing an zu experimentieren.

LEE: Da gibt es ja wahrhaftig viel zu entdecken: Obst und Gemüse ist so viel mehr als die üblichen Verdächtigen aus dem Supermarkt. In Düsseldorf haben wir einen tollen Bauernmarkt, da gibt es die irrsten Sachen. Meist sind das „alte“ Sorten, die in Vergessenheit geraten sind mit dem Vormarsch von optimiertem Saatgut. Beete, die nicht rot, sondern pink-weiß geringelt ist, oder einen seltenen Kohl aus der Region. Schmeckt alles super!

SARA: Küchenchefs wollen etwas anbauen, das wunderschön ist, einzigartig, schwer zu finden und super schmackhaft. Das findet man oft bei den alten Sorten. Letzte Saison habe ich für das Palmer House Hilton zum Beispiel „Purple Cuban“ Tomatillo gepflanzt. Die schmecken toll und sehen klasse aus – damit kann der Küchenchef Akzente setzen.

Purple Cuban Tomatillos (Foto: Sara Gasbarra)

LEE: Die meisten Restaurantgärten sind im Hinterhof oder auf Dächern. Das muss bestimmt gut geplant sein. Wie entscheidet ihr, was ein Restaurant anbaut?

SARA: Meine Sortenliste enthält alle gängigen Gemüse-Kategorien und dann innerhalb dieser Liste unzählige Sorten. Wir konzentrieren uns auf Pflanzen, die nur wenig Platz einnehmen und dennoch hohe Erträge erzielen. Etwas, das einzigartig und köstlich ist, wie der wilde Rucola „Drachenzunge“.  Ein einziges Blatt im Salatteller reicht absolut aus: Er sticht optisch heraus und liefert ein sehr intensives Aroma.

Dragon Tongue Ruccola (Foto: Sara Gasbarra)

LEE: Wie spannend! Aber das muss man doch sicherlich viel ausprobieren, bis man so einen Ausnahmesalat findet? Hast du einen eigenen Testgarten, wo du neue Sorten ausprobierst?

SARA: Zu Hause spiele ich mit verschiedenen Sorten herum. Ich interessiere mich immer für das ungewöhnliche Zeug. Zum Beispiel habe ich vor kurzem den Baum entdeckt, der Sansho „Pfefferkörner“ produziert. Dieser Baum produziert auch schönes und zierliches Laub namens Kinome, das im Frühjahr geerntet wird. Das Kinome Laub hat einen einzigartigen frischen Geschmack, zitronig und pfeffrig zugleich. Ein Züchter in der Nähe von San Francisco hat mir einen jungen Baum für meinen Hinterhof geschickt. Der Geschmack der jungen Blätter ist auch hier in Chicago wirklich spektakulär. Jetzt biete ich meinen Kunden also auch diese Option an. Das ist es, was ich an meinem Job liebe. Ich kann einige wirklich coole Sachen anbauen, die eine Geschichte haben und einzigartig sind.

Ihr findet Sara auf Instagram als @SaraGasbarra